HERRIEDEN (sh) - Die Welt wächst zusammen. Was Globalisierung genannt wird, spüren inzwischen auch die Kindergärten im Landkreis Ansbach. St. Vitus in Herrieden hat darauf jetzt reagiert: "Andere Länder - andere Sitten" lautet das Projekt für dieses Kindergartenjahr. Unterstützt hat sie das bayernweite Modellprojekt "Integration ausländischer Mitbürger" (IAM). Gemeinsam wurde ein "Internationales Märchenbuch" geschaffen. Am morgigen Sonntag werden die "Märchen aus aller Welt" bei einem Fest im Kindergarten (ab 11 Uhr) erstmals präsentiert.
In dem dreigruppigen katholischen Kindergarten spielen, toben und lernen die Kinder aus acht Nationen. Doris Beck und Anke Zeller vom Erzieherteam dachten bei ihrem Projekt jedoch nicht nur an die Kinder, sondern vor allem auch an die ausländischen Eltern. Diese Väter und Mütter hielten sich zurück, scheuten sich, am Kindergartenleben teilzunehmen.
Inzwischen wissen Beck, Zeller und das ganze Team, dass sich all die Mühe, die Hektik und der Stress die Monate über gelohnt haben. "Die Eltern unserer ausländischen Kinder sind sehr viel offener. Sie machen mit und sie helfen mit, wie jetzt beim Sommerfest."
"Ewige Telefoniererei"
Der Weg dahin begann mit einer "ewigen Telefoniererei": ein Partner für das Projekt wurde gesucht. Schließlich kam der Kontakt mit dem Modellprojekt "IAM" zustande. Dort war man von der Idee sofort begeistert. Ausländischen Kindern und Eltern das Hineinfinden in die deutsche Gesellschaft mit all ihren Anforderungen zu erleichtern, ist genau das, was sich Edith Schumann und ihre IAM-Mannschaft auf die Fahnen geschrieben hat.
Offizieller Start war am 3. Dezember 2001 mit einem Elternabend. Teilnehmer des aktuellen IAM-Kurses erzählten von sich und ihrem Land, es wurde getanzt, gegessen und gefeiert. Dann ging es daran, das Märchenbuch vorzubereiten: Kinder brachten Bücher mit, es wurde ausgewählt, vorgelesen ("Kinder lieben Märchen über alles"), gemalt. Das Ergebnis kann von Sonntag an gegen eine Erstattung der Unkosten erworben werden:13 Märchen aus neun Ländern von China bis Portugal sind auf 54 Seiten in der jeweiligen Landessprache und in Deutsch zu lesen. Kinderzeichnungen lockern den Text auf.
Die Übersetzung der Märchen besorgte die IAM-Gruppe. Kurs-Teilnehmer setzten sich auch an die Computer und tippten den Text. Katalin Six-Bagi von der Fachhochschule Ansbach begleitete und dokumentierte die Aktion. Derweil "reisten" die Kindergartenkinder mit Büchern, Spielen, Kochen und Liedern um die ganze Welt. Dabei blieb es freilich nicht: Gemeinsam mit IAM stellte der Kindergarten einen Sprachkurs auf die Beine. Immer Freitagnachmittag lernen Eltern und Kinder jetzt Deutsch - in getrennten Zimmern, aber mit der gleichen Begeisterung. Wie Edith Schumann versichert, ist bisher noch niemand abgesprungen. "Wir lernen Grammatik und haben viel Spaß."
Das "IAM"-Modellprojekt wird unter anderem vom Europäischen Sozialfonds gefördert. Ein Arbeitskreis mit Vertretern aus Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft begleitet die Aktivitäten.
Mit einer Kombination aus Sprach- und Arbeitstraining, beruflicher Weiterbildung, Arbeitsvermittlung und der Förderung von gesellschaftlichem und politischem Wissen wird versucht, ausländische Mitbürger in Lohn und Brot zu bringen.
Ein wesentlicher Punkt sind dabei gemeinsame Aktionen, die in der Öffentlichkeit wirken, wie das erste internationale Basketball-Turnier für die Stadt und den Landkreis Ansbach im Frühjahr.
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