"Dass wir nach Ansbach gekommen sind, das war einfach nur Schicksal", erzählt Irina Savchinko in holprigem Deutsch. Vor über einem Jahr hat die 32jährige Lehrerin in der Ukraine alles aufgegeben und ist mit den beiden Kindern nach Deutschland gezogen. Die Kinder, der 18jährige Sohn und die 13jährige Tochter sollten bessere Ausbildungen bekommen und sie sollten vor allem gesünder leben können. "Meine Tochter war ständig krank, unsere Stadt ist schmutzig und extrem radioaktiv belastet", begründet die zierliche Frau, weshalb sie Verwandte und Freunde zurückgelassen und ihre Arbeit als Lehrerin an der Fachoberschule aufgegeben hat. Eigentlich wollte die ganze Familie hier in Ansbach neu anfangen. Irina Savchinkos Mann konnte aber nie richtig Fuß fassen und lebt jetzt von der Familie getrennt in der Ukraine.
Vielleicht ist auch ihr persönliches Schicksal ein Grund, weshalb sie sich dafür einsetzen will, dass ihre Landleute hier besser integrieren können. Sie will mithelfen ihnen klar zu machen, wie wichtig es ist Deutsch zu lernen. Als Mitarbeiterin am internationalen Institut in Kiew hat sie immer wieder bestätigt bekommen, dass Integration nur möglich ist, wenn die Menschen die Sprache verstehen. Der Kirche hat sie daher ihre ehrenamtliche Hilfe angeboten.
Ein Glücksfall für die Kirchengemeinde. "Seit Jahren schon überlegen wir, wie wir mit den Aussiedlern besser ins Gespräch kommen", erzählt Pfarrer Veh. Wie alle seine Kollegen spürt auch er, wie isoliert beispielweise die russischen Kinder im Kindergarten sind. "Weil sie unsere Sprache nicht können, spielen sie kaum mit den deutschen Kindern." Irina Savchinko will versuchen hier etwas zu bewegen. In einer Art Elterncafe will sie mit den russischen Eltern Kindergartenfragen, aber auch Probleme klären. Außerdem wird sie sich auch mit den russischen Kindern zusammensetzen und auf spielerische Weise die deutsche Sprache vermitteln. Pläne gibt es viele: Ein Theaterstück in Deutsch, einstudiert von russischen Jugendlichen, oder ein Gesprächskreis für die Aussiedlerfamilien.
Auch Pfarrern will die junge Frau zur Seite stehen. Der Kirche begegnen die Aussiedler nach den Erfahrungen der Geistlichen nämlich sehr vertrauensvoll. Viele wollen auch getauft werden. Doch manchmal tauchen dann Probleme auf, wo eigentlich keine sein sollten. Die Sprache ist nur eine davon. Immer steht für die Pfarrer auch die Frage im Vordergrund, was wissen die Aussiedler denn eigentlich über unseren Glauben, unsere Kirchentradition. "Dann", so formuliert es Pfarer Veh, "muss der Glaube seine Sprache finden". Eine Vermittlerin jedenfalls ist schon einmal gefunden und ein Anfang gemacht. Viele Wochen schon hat sich Irina Savchinko auf ihre neue Aufgabe vorbereitet, hat viele Bücher gelesen und sich mit der Kirchentradition beschäftigt. Möglichst vielen, das ist ihr Wunsch, soll das gelingen, was ihr und den beiden Kindern so gut gelungen ist: Ein Teil der Gemeinde zu werden, in die das Schicksal sie gebracht hat.
Marion Christgau
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